Drainageproblematik auf Tagesordnung der Asse-II-Begleitgruppe

Am Freitag, 4. November  14 Uhr tagt die Asse-II-Begleitgruppe öffentlich in Wolfenbüttel (Am Exer 9, TWW-Räume). Auf der Tagesordnung steht unter anderem der Punkt „Notfallvorsorge / Drainage / Risikoabwägung“.  Die Anwesenheit zahlreicher ZuhörerInnen kann zeigen, dass das Thema nicht hinter verschlossenen Türen verhandelt werden kann und die Forderungen des Asse-II-Koordinationskreises endlich Gehör finden müssen.

Die gefährlichen Folgen der Verfüllmaßnahmen, die der Betreiber demnächst starten will, wurden auf den Veranstaltungen am 25.10.16 in Remlingen und am 1.11.16 in Wolfenbüttel aufgezeigt.

Bericht von der Veranstaltung am 1. November 2016 im Wolfenbütteler Rathaus

Asse II: Argumente der kritischen Wissenschaftler vom BfS beiseite geschoben

Bei der Veranstaltung „Asse 2 – Flutung durch die Hintertür?!“ im vollbesetzten Rathaussaal von Wolfenbüttel diskutierten am Dienstagabend die Referenten Dr. Ralf Krupp, Dr.-Ing. Frank Hoffmann und Heike Wiegel mit dem Publikum kritische Anfragen an die Verfüll-Maßnahmen, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf der 750m-Sohle ab Januar 2017
vornehmen will.

Dr. Krupp erläutert den ZuhörerInnen am 1.11.16 die Folgen der geplanten Verfüllung
Dr. Krupp erläutert den ZuhörerInnen am 1.11.16 die Folgen der geplanten Verfüllung

Das BfS plant, dort ab Januar 2017 weitere Bereiche vor den Atommüll-Einlagerungskammern mit Sorelbeton zu verfüllen. Es begründet das damit, dadurch das Bergwerk zu stabilisieren und  Notfallvorsorge zu betreiben. Jedoch treten dort unten, auf der sogenannten „2. südlichen Richtstrecke nach Westen“ der 750m-Sohle, schon jetzt radioaktive Laugen auf. Gegenwärtig können diese Laugen gefunden, aufgenommen und abtransportiert werden. Das würde bei einer Verfüllung erschwert werden.

Die Anfragen bezüglich der BfS-Pläne waren deutlich: Wie nachhaltig ist das BfS-Konzept, Lauge an einigen Stellen auf der 750m-Sohle fassen und über Rohre auf die 700m-Sohle hochpumpen zu wollen? Was passiert, wenn die Rohre durch den Bergdruck zerquetscht werden? Wie soll man die radioaktive Lauge abpumpen, wenn sich Fließwege verändern? Derzeit können etwa 10 Kubikmeter nichtkontaminierte Lauge hundert Meter oberhalb der Einlagerungskammern aufgefangen werden – was passiert, wenn sich diese Lauge neue Wege sucht und auf die 750m-Sohle fließt?

Er wurde dargestellt, dass das BfS die beabsichtigten Verfüllungen damit rechtfertigt, dass dadurch die Standsicherheit des Grubengebäudes erhöht würde. Aber warum werden nicht zuerst größere Hohlräume verfüllt, die es auch noch in anderen Bereichen gibt? Und warum werden nicht zuerst Hohlräume in den Bereichen des Bergwerks verfüllt, in denen die Verformungsraten am größten sind?

Die Wissenschaftlergruppe AGO („Arbeitsgruppe Option Rückholung“) hatte dem BfS Alternativ-Vorschläge zur Offenhaltung der „2. südlichen Richtstrecke nach Westen“  und auch zur Drainage dieser Strecke bei einer Verfüllung vorgelegt. Keiner dieser Vorschläge wurde vom Betreiber geprüft und mit den eigenen Maßnahmen verglichen, stattdessen wurden die Vorschläge der AGO mit teilweise absurden Veränderungen abgewandelt.

Das Bundesamt für Strahlenschutz meint, mit den Maßnahmen ein taugliches Notfallkonzept umzusetzen und favorisiert dabei die Abschottung der Atommüllkammern. Gegenüber dem Flutungskonzept des alten Betreibers (Helmholtzzentrum München) hat es aber, so wurde an dem Abend deutlich, gravierende Nachteile: es gibt keine „Strömungsbarrieren“ und außerdem
sind große Resthohlräume der Atommüllkammern noch nicht verfüllt. Deswegen werden im Notfall, wenn große Mengen Lauge in das Bergwerk einbrechen sollten, diese nicht um die Einlagerungskammern herumgeleitet, sondern eher in sie hineingeleitet.

Bei der Rückholung müssen die Atommüllkammern geöffnet werden und damit würde ein Notfallkonzept, das auf Abschottung setzt, nicht mehr funktionieren. Daraus ergeben sich Anfragen: Wieso setzt das BfS ein Notfallkonzept um, das bei einer Rückholung untauglich wäre? Warum wird nicht gleich ein Notfallkonzept erarbeitet und umgesetzt, das auch bei einer Rückholung des Atommülls die Notfallsicherheit gewährleisten würde?

Das geplante Zubetonieren hat sich das BfS im Wesentlichen nach Bergrecht durch das Landesbergamt genehmigen lassen. Auch hieran stellen sich Anfragen: Warum ist das zulässig, wenn doch ein Rückgängigmachen der Maßnahme, also ein Wiederaufbohren nach Atomrecht genehmigt werden müsste und komplizierte Sicherungsmaßnahmen erfordern würde, weil sich unten radioaktive Lauge ausgebreitet haben könnte?

Zur Veranstaltung hatte der der Asse II-Koordinationskreis (A2K) eingeladen, die Koordinierungsrunde von Bürgerinitiativen, Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen, die sich der Frage der langfristigen radiologischen Sicherheit der Region um die Asse widmen.

Heike Wiegel vom Asse II-Koordinationskreis präsentierte abschließend dessen Forderungen: Der A2K fordere ein sofortiges Aussetzen der Verfüllung der 2. Südlichen Richtstrecke, auf der 750m Sohle und eine kritische Aufarbeitung der Probleme, also ein Moratorium; außerdem die Einbindung der Rückholung in die Notfallvorsorge und die Revidierung des „Topfkonzeptes“.

Weiterhin fordere der A2K die Einbindung und Berücksichtigung der AGO Stellungnahmen bei den Zulassungen und Genehmigungen. BfS, BMUB, LBEG und NMU sollten die AGO-Vorschläge und AGO-Stellungnahmen unverfälscht ernsthaft prüfen und wissenschaftlich nachvollziehbar dazu Stellung nehmen.

Ferner fordere der Asse II-Koordinationskreis das BfS auf, alle Handlungen zu unterlassen, die zu einer weiteren Vernässung des chemo-toxischen und radioaktiven Mülls führen könnten. Außerdem solle das BfS nachweisen, wie radioaktiv kontaminierte Lauge von mehr als 1m³ / Tag entsorgt werden kann, denn die Überschreitung dieser Menge gilt gegenwärtig als eine ausreichende Voraussetzung dafür, die Rückholung des Atommülls aus der Asse abzubrechen.

(Bericht + Foto: Andreas Riekeberg)

 

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